Anno 1800 im Test
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Anno 1800 im Test

Zusammenfassung: Anno 1800 kehrt im Test mit Bravour zurück zu den historischen Serienwurzeln und liefert einen großartigen, wenn auch nicht ganz perfekten Kompromiss aus Vergangenheit und Moderne.

Inhaltsverzeichnis

Industrielle und spielerische Revolution

Anno 1800 verfrachtet das seit 20 Jahren bewährte Grundprinzip der Aufbauspielreihe ins Zeitalter der Industriellen Revolution. In einer zufällig generierten Inselwelt besiedeln wir unser erstes Eiland zunächst mit ein paar Bauern und platzieren Holzfäller, Sägewerke, Fischereien, Schäfer, Webereien, Kartoffelfarmen, Schnapsbrenner sowie einen Marktplatz, um sukzessive ihre Grundversorgung sicherzustellen.

In diesem Artikel haben wir einen Preview Anno1800 geworfen, jetzt haben wir es ausführlich getestet.

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Sobald wir alle Bedürfnisse erfüllen, können wir sie zu Arbeitern befördern, was neue Gebäude und Betriebe, aber eben auch neue Anforderungen unserer Bürger freischaltet. Mit jeder der fünf Zivilisationsstufen erfordert unser Inselreich komplexere Produktionsketten, ausgeklügeltere Handelsrouten und mehr Expansion, was uns zwangsläufig in mehr oder weniger diplomatischen Austausch mit unseren Computerkonkurrenten, neutralen Händlern und Piraten bringt.

Geniale neue Ideen Anno

1800 begeht jedoch nicht den Fehler, einfach nur ein Best-of der bisherigen sechs Serienteile zu liefern, sondern ergänzt das bewährte Spielprinzip auch mit ebenso neuen wie cleveren Ideen. Allen voran, dass wir für jeden Betrieb nun auch die passenden Arbeitskräfte benötigen.

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Ingenieure wollen sich schließlich nicht auf dem Weizenfeld die Hände schmutzig machen, umgekehrt können wir keine Bauern in einer Brillenfabrik beschäftigen. Das macht den Bevölkerungsaufstieg bis ins Endgame hinein zu einer enorm wichtigen und spannenden Entscheidung. Denn die Arbeiter, die wir zu Ingenieuren befördern, könnten uns schon beim nächsten Minenbau dringend fehlen.

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Auch die klassischen Effizienzbauer müssen umdenken. Denn zum einen steigt die Brandgefahr, je dichter wir Siedlungen und Industrieflächen bebauen. Und zum anderen wird wird in Anno 1800 erstmals auch die Attraktivität unserer Siedlungen bewertet, was insbesondere im späteren Partieverlauf eine wichtigere Rolle spielt, wenn Schornsteinschlote die Luft verpesten oder wir Touristen auf unsere Inseln locken wollen.

Ebenfalls eine klasse Ergänzung sind Gebäude wie das Rathaus oder die Handelskammer, in denen wir Spezialisten oder Gegenstände deponieren, um so Einfluss auf die umliegenden Häuser und Betriebe zu nehmen. So erhöht »Chantelle die Feinschmeckerin« mal eben die Produktivität aller Metzgereien im Umkreis um 40%. Und schwupps, schon haben wir einen verdammt guten Grund, unsere Wurstproduktion neu zu arrangieren.

Was taugt die Story-Kampagne?

Einen guten Teil der Feinheiten und Möglichkeiten von Anno 1800 lernt ihr im Verlauf der Story-Kampagne, die sich ebenso wie in Anno 2205 ins Endlosspiel integriert und sich entsprechend genauso umfangreich konfigurieren lässt. Die gute Nachricht: Die Kampagne erzählt eine deutlich interessantere und besser inszenierte Geschichte als der Vorgänger. Die schlechte: Von der Qualität der Story-Kampagne von Anno 1404 bleibt sie Welten entfernt.

Dabei beginnt die Geschichte durchaus viel versprechend: Wir sollen die Unschuld unseres im Gefängnis verstorbenen Vaters beweisen, dürfen dabei sogar immer mal wieder kleinere Entscheidungen treffen und deutlich mehr Zwischensequenzen bewundern als in Anno 2205.

Kampfszenen bei Anno 1800

Die Missionen konfrontieren uns dabei mit abwechslungsreichen Aufgaben wie die Sprengung eines Berges oder eine Schiff-Beschattungsmission, die sich anfangs gut ins Endlosspiel einfügen und uns nebenbei viele wichtige Spielelemente beibringen.

Die Kampagne bringt allerdings auch drei große Probleme mit sich: 1. Die Geschichte endet nach 10 bis 20 Stunden (je nach Spielweise) enorm abrupt mit einem enttäuschenden Finale, das viele Fragen offenlässt. 2. Ihre Tutorialfunktion erfüllt die Kampagne nur unzureichend, da wir sie bereits auf der dritten Zivilisationsstufe abschließen können.

Das Endgame wird entsprechend komplett außen vorgelassen, was einerseits Serieneinsteiger mit vielen Herausforderungen alleinlässt und andererseits viel dramaturgisches Potenzial verschleudert. Kein Vergleich mit dem Bau eines Kaiserdoms in der Kampagne von Anno 1404! 3. Die Kampagnenelemente kommen sich immer wieder ins Gehege mit den Endlosspiel-Ereignissen. So zwingen uns manche KI-Gegner, schon früh aggressiv zu expandieren und aufzurüsten, wodurch die Kampagne erst zur Nebensache und anschließend viel zu einfach wird.

Insbesondere Anno-Einsteigern empfehlen wir deshalb, die Kampagne mit leichten oder gar keinen Computer-Konkurrenten zu spielen. All diese Probleme machen die Kampagne von Anno 1800 zwar nicht zu einer Katastrophe, aber eben auch nicht zu einem Highlight, was angesichts der enormen spielerischen Möglichkeiten dann doch eine leichte Enttäuschung ist.

Trailer

Die Vor- und Nachteile des Kampfsystems

Auch am Kampfsystem von Anno 1800 werden sich die Geister scheiden. Und das liegt weniger am bewussten Verzicht auf Landschlachten, die wir in der Praxis tatsächlich kaum vermisst haben. Um Inseln per Gewalt zu erobern, beschießen wir solange die jeweiligen Hafenanlagen, bis die Bewohner kapitulieren.

Dann können wir die Insel entweder als Quasi-Kolonie weiterführen, was uns einen konstanten Geldbetrag aufs Konto schaufelt. Oder wir reißen sie uns komplett unter den Nagel, was allerdings das Abreißen aller bestehenden Gebäude zur Folge hat, sodass wir komplett bei Null anfangen müssen. Auf Verteidigerseite befestigen wir unseren Hafen mit diversen Abwehrkanonen. Und je mehr Hafengebäude wir bauen, desto mehr muss der Angreifer zu Klump schießen, bevor unsere Bürger schließlich kapitulieren.

Kampf um die Herrschaft Anno 1800

Spielmechanisch ergibt das durchaus Sinn, weil uns die Eroberung einer größeren, bevölkerten Insel sofort nahezu unbesiegbar machen würde, was insbesondere Multiplayer-Partien sofort jede Spannung nimmt. Atmosphärisch wirkt es dennoch ein wenig albern, wenn eine pulsierende Metropole binnen Sekunden zu unberührter Natur wird.

In den Seegefechten führen wir acht unterschiedliche Kampfschiffe in die Schlacht. Und anfangs macht es auch richtig Laune, deren Eigenheiten in Scharmützeln clever auszuspielen. So müssen wir mit Segelschiffen die Windrichtung einkalkulieren, oder attackieren Fregatten von hinten, sodass diese keine Breitseiten abfeuern können. Hinzu kommen Spezialwaffen wie Mörser oder Torpedos, die klug eingesetzt durchaus einen Unterschied machen können.

Wo die Spielbalance hakt

Krieg ist zum Glück nur eine von vielen Möglichkeiten, um mit unserer Konkurrenz zu interagieren. Wir können sie als Questgeber aufsuchen, Allianzen schmieden, Handelsverträge schließen und sogar Anteile an ihren Inseln kaufen, was schlussendlich sogar eine (extrem kostspielige) Übernahme ermöglicht. Letztere hat aber genauso eine Zerstörung der Gebäude zur Folge wie weine gewaltsame Eroberung.

Die KI verhält sich dabei deutlich nachvollziehbarer und cleverer, als es nach der zu befürchten war. Gröbere Schnitzer sind uns im Test keine aufgefallen, was angesichts der Komplexität von Anno 1800 durchaus bemerkenswert ist.

Im Gegenteil: Bereits Gegner der zweiten Stufe haben uns derart ins Schwitzen gebracht und aggressiv expandiert, dass wir uns mehr diplomatische Optionen gewünscht hätten, um eine angespannte Beziehung wieder zu verbessern. Selbst nachdem wir etwa Lady Hunt mehrere Inseln abgeknöpft und ihre halbe Flotte versenkt hatten, verlangte sie für einen Friedensvertrag noch astronomische 550.000 Münzen. Dabei hätte sie eigentlich uns was geben müssen, waren wir ihr doch hoffnungslos überlegen!

Alternativ können wir uns auf einen langwierigen Vernichtungsfeldzug begeben, sie komplett von der Karte zu schmeißen, oder eben in Kauf nehmen, dass der traurige Rest ihrer Flotte noch auf Stunden hinaus wieder störrisch unsere Handelsrouten piesackt. Beides bringt einige Zähigkeit in den sonst so fantastischen Spielfluss. Ist man dagegen militärisch unterlegen, hilft manchmal sogar nur noch das Laden eines früheren Spielstands – von denen wir glücklicherweise anders als im Vorgänger wieder beliebig viele anlegen dürfen.

Serienveteranen werden sich über diese Herausforderung freuen, Einsteigern empfehlen wir aber, bei ihrer Endlosspiel-Konfiguration eher friedliebende Konkurrenz zu wählen.

Die Eisenbahn verändert alles

Generell ist es die wohl größte Leistung von Anno 1800, dass es mit zunehmender Spieldauer immer besser wird – eine absolute Ausnahme im sonst eher von Routine geplagten Aufbauspielgenre. Während wir in Anno 2205 nach 20 Stunden nahezu alles gesehen hatten, legt Anno 1800 dann erst richtig los. Denn erst mit der vierten Zivilisationsstufe »Ingenieure« schalten wir die Produktionskette der Elektrizität frei, was im Grunde genommen die komplette Logistik unserer Hauptinsel auf links dreht.

Um nämlich unsere Industriebezirke und Innenstädte mit Strom zu versorgen, müssen wir dort nicht nur Kraftwerke platzieren, sondern diese auch per Schienennetz mit Öl beliefern. Und pro Gleis kann logischerweise nur ein Zug fahren!

Eisenbahn bei Anno 1800 einsetzen

Als Lohn winken gigantische Produktions- und Konsumgewinne. Also verlegen wir Schienen, platzieren störende Gebäude um, grübeln über die optimalen Orte für Bahnübergänge sowie Brücken und sind stolz wie Oskar, als nach all der Tüftelei unsere erste mit Öl beladene Dampflok schließlich schnaufend das Kraftwerk erreicht.

Anno 1800 gibt sich zudem alle erdenkliche Mühe, diesen entscheidenden Meilenstein der Industriellen Revolution angemessen zu zelebrieren. Dass wir es hier mit dem derzeit schönsten und technisch beeindruckendsten Aufbauspiel zu tun haben, sollte bereits beim Blick auf unsere Bilder klar sein.

Aber es sind die kleinen Details, die aus Anno 1800 einen solchen Hingucker machen, im wahrsten Sinne des Wortes. Etwa dass nach der Inbetriebnahme des ersten Kraftwerks unsere Wege nun plötzlich von Stromleitungen überspannt sind oder die Pferdekarren durch kleine LKW ersetzt werden. Die Phrase »Macht allein schon beim Zuschauen Spaß« war noch nie so wahr.

Kann genauso Multiplayer wie Offline

Neben der Kampagne und dem klassischen Endlosspiel liefert Anno 1800 auch einen ebenso umfangreich konfigurierbaren Multiplayer-Modus für bis zu vier Spieler.

Mit sechs unterschiedlichen Siegbedingungen von einer bestimmten Bevölkerungszahl bis hin zum abgeschlossenen Bau von Monumenten erlaubt dieser ebenso kurze Partien (zumindest für Anno-Verhältnisse) von wenigen Stunden, als auch epische Aufbauspiel-Matches, die sich über mehrere Tage und Wochen ziehen – was beides dank der einfachen Spielersuche via Uplay und der komfortablen Speicherfunktion gleichermaßen gut funktioniert.

Etwas schade finden wir indes, dass es keinerlei auf den Multiplayer-Modus zugeschnittene Spielelemente gibt, etwa Sabotageaktionen oder eine Koop-Variante. Zumindest letzteres wollen die Entwickler von Ubisoft Blue Byte aber noch nachliefern.

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Während wir für Mehrspieler-Partien logischerweise mit dem Internet verbunden sein müssen, lassen sich alle anderen Modi von Anno 1800 anders als im Vorgänger auch komplett offline spielen, ohne auf irgendwelche Funktionen verzichten zu müssen – von ein paar via Uplay freischaltbaren Ornamenten und Charakterportraits einmal abgesehen.

Und so bekommen Aufbauspielfans unter dem Strich genau das Anno 1800, das sie sich erhofft hatten. Ein Anno, das die großen Stärken aller Serienteile miteinander kombiniert. Ein Anno, das Einsteiger mit seiner Zugänglichkeit und fantastischen Grafik sofort begeistert und Serienveteranen wochenlang motiviert, dank beeindruckender Spieltiefe sowie einem enormen Wiederspielwert. Ein Anno, bei dem ihr tatsächlich wieder dankbar seid werdet, dass es euch daran erinnert, doch mal eine Kaffeepause zu machen.

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One Response to “Anno 1800 im Test”

  1. […] Lesetipp: In diesem Artikel testen wir Anno 1800. […]